Ein Stück Himmel
Bilder und Collagen von Sabine Heinz
Die Laudatio zur Vernissage, gehalten von Prof. Dr. Dieter B. Herrmann:
Meine Damen und Herren,
vor zwei Tagen wurde im Kommunikationsmuseum Berlin das von der UNO ausgerufene Internationale Jahr der Astronomie feierlich eröffnet. Führende Fachwissenschaftler, Amateurastronomen und Planetariumsleiter aus ganz Deutschland waren gekommen, um gemeinsam den Auftakt zu einer Fülle von Aktivitäten zu starten, die auf einer informativen website www.astronomie2009.de nachgelesen werden können. Vier große Themen werden im Mittelpunkt des Jahres stehen: der Blick zum Himmel, Weltbilder, Astronomie und Kultur sowie Astronomie und Schule.
Drei dieser Themen gleichzeitig bedient die Ausstellung von Gemälden und Collagen der Berliner Künstlerin Sabine Heinz, die Ihnen heute hier ihren Beitrag zum Astronomiejahr präsentiert.
Der Titel der Ausstellung lässt zunächst erwarten, dass wir blaue oder bewölkte Firmamente auf der Leinwand finden, Variationen schwebender Wasserströpfchen vom feinsten Cirrus bis zu tiefhängenden dunklen Wassersäcken, die jedem Astronomen ein Gräuel sind, weil dann wieder einmal die Kuppeln seiner Teleskope geschlossen bleiben müssen. Tatsächlich finden wir solche Darstellungen von Sabine Heinz sowohl in Landschaften als auch im direkten Blick auf das Firmament. Auch die kleinen Stücke des Himmels, die sich spiegeln in Seen, Pfützen oder den Glasflächen eines Hochhauses fehlen nicht unter den Bildern. Als Sinnbild der Flüchtigkeit von Wolken, die ihre Strukturen in Windeseile verändern, erscheint besonders ein Mosaik, dessen Teile sich -wie ihr Gegenstand - zerstreuen können Es trägt den Titel „Neun Himmel“. Eventuelle Käufer dieser neun Bilder können den Wind spielen, der die einzelnen Teile der Wolken als Fragmente in alle Himmelsrichtungen trägt.
Aber Sabine Heinz fasst ihr „Stück Himmel“ durchaus weiter. Sie schaut über die Grenzen der Wolken hinaus ins Universum und bedient sich dabei bewusst auch jener Bilder, die durch moderne Teleskope und Raumsonden von den Objekten des Weltalls auf die Erde geholt wurden. Dabei macht sie hemmungslos und unverbildet Gebrauch von dem Vorrecht des Künstlers, sich an kein Regelwerk halten zu müssen, wie dies dem Wissenschaftler auferlegt ist, wenn er neues Wissen gewinnen will. Mit dem knappen Satz „Kunst ist kein Verabredungsmodell“ hat der Maler Jakob Mattner diesen Vorzug einmal umrissen. Und gerade, weil dies so ist, vermögen Kunstwerke ganz neue und andersartige Horizonte zu eröffnen als die wissenschaftliche Beschreibung der Welt. Ja, sie vermögen sogar das Wunder zu vollbringen, die Einheit der Welt wieder anschaulich werden zu lassen, während die Wissenschaft diese Einheit in den vergangenen Jahrhunderten immer mehr atomisiert hat. Da wird ein gewaltiger Mond des Planeten Saturn an irdische Gestade geworfen und bietet dem Betrachter nicht nur eine ästhetisch reizvolle nie geschaute Landschaft, sondern inspiriert zugleich zu tieferer Betrachtung. Aus der Kombination des Himmelskörpers mit seiner mythologischen Bedeutung entsteht ein Sinnzusammenhang, der nicht sogleich offen zutage liegt. War doch Enceladus in der Mythologie dereinst einer der Giganten, die im Kampf gegen den Göttervater Zeus von Pallas Athene unter den Ätna geschleudert wurde. Da erscheint in der Collage „Gegenwelten“ dasselbe Objekt gleich zweimal, ähnlich, aber nicht identisch -. ein Zwillingspaar gewaltiger Sternansammlungen, von dem die Wissenschaft bislang nur eines kennt, das allerdings auch etwas anders aussieht.
Es geschehen noch weitere merkwürdige Dinge auf den Malflächen von Sabine Heinz. Ihre kreative Phantasie inspiriert beim Betrachter die Frage, ob manche solcher Welten vielleicht tatsächlich möglich seien unter anderen Bedingungen und in anderen Regionen des Universums. Und ob überhaupt in dieser Welt alles vorkommt, was denkmöglich ist. Der Berliner Künstler Michael Hegewald, einer der Lehrer von Sabine Heinz, hat dies mit den Worten beschrieben: „So fließt bei ihr zusammen, was zugleich nicht und doch zusammen gehört, sie versteckt in diesem ornamentalen Lyrismus organischer Formen philosophische Gedanken und Weltfragen.“
Meine Damen und Herren,
schauen Sie auf die Zeiten- und Formensprünge dieser Bilder. Sie werden dem Anliegen des Astronomiejahres 2009 in besonderer Weise gerecht. Sie verführen uns zu Fragen, die sehr nahe bei jenen sind, die sich auch der Wissenschaftler stellt und deren Antworten noch nicht gefunden sind.
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Ankündigung der Ausstellung
Programm zur Vernissage
Sigmund Jähn, der erste deutsche Raumfahrer, und Sabine Heinz in Betrachtung eines Bildes der Malerin
Sigmund Jähn und Sabine Heinz in der Diskussion über ein Bild der Malerin
Ausstellung im Zeiss-Großplanetarium Berlin
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